Nach dem „Kultverein“ FC St. Pauli aus Hamburg hat nun auch Berlin ein Pendant: den 1. FC Union Berlin. Das sind beides Vereine die sich als Gegenentwurf zum durchkommerzialisierten Profifußball sehen. Ist das ehrlich in dieser Glitzerwelt?
Falsches Selbstverständnis?
Um den eigenen Idealen zu entsprechen, müssten die Spieler, die den 1. FC Union in die erste Liga geschossen haben auch dafür kämpfen, dass der Verein dort bleibt. Ein verwegener Haufen von Haudegen und verkannten Feinfüßlern.
Doch die Vereinsbosse sahen ein, dass es unmöglich ist mit 11 Freunden in der Bundesliga zu bestehen. Das zeigt die Transferstatistik des 1. FC Union. Nicht weniger als elf neue Spieler wurden den Aufstiegshelden vor die Nase gesetzt. Drei Leihspieler wurden fest verpflichtet. Ein anfangs ausgerufener „Klassenkampf“ sieht anders aus.
Ist man am Ende ein ganz normaler Aufsteiger?
Unter den Neuzugängen sind einst namhafte Spieler wie Neven Subotic, Christian Gentner oder Anthony Ujah. Das sind allesamt keine Spitzenspieler, aber dennoch gestandene Bundesligaprofis. Typische Spielertypen für einen Aufstiegsverein. Erfahrung braucht man als Neuling.
Ich wüsste nicht, was Mitaufsteiger SC Paderborn anders macht, als der 1. FC Union. Gut, sie machen nicht so ein Gewese darum, dass sie kaum Geld haben und dennoch versuchen werden, in Liga 1 zu bleiben.
Image?
Eine Passage aus der Hymne, die wöchentlich aus tausend Kehlen schallt: „Wir lassen uns nicht vom Westen kaufen!“ wurde mit dem Einstieg eines luxemburgischen Immobilienunternehmens pulverisiert. Deren Name „Aroundtown“ ziert ab dieser Saison die Union – Trikots. Gerade für eine Stadt mit kritischer Wohnungsmarktlage ist dies ein mutiger Schritt.
Auch in Hamburg
Beim FC St. Pauli scheint man sich nicht komplett dem Kommerz entziehen zu können. Da wäre das geniale Totenkopf-Merchandise. Mittlerweile zieren Shirts, Tassen und Aufkleber mit dem St. Pauli-Piraten-Logo viele Mittelstandshaushalte. Antikapitalistisch ist daran nichts mehr. Auch der Fanshop in bester Reeperbahn – Lage wird nicht wenig Miete kosten.
Und nu?
Daran ist nichts verwerflich. Aber sich selbst als kultigen Underdog zu stilisieren und dennoch voll in einem „Kommerzkonstrukt“ wie der Bundesliga mitzumischen schon. Genau wie jeder andere Bundesligist kauft man Spieler ein und handelt Sponsorendeals aus. Gibt es etwas kapitalistischeres und kommerzielleres als ein Immobilienunternehmen? Oder schafft man, wie in Hamburg, Stehplätze nach und nach ab? Weil sie zu unbequem sind für reiche Ärsche?
Tut mir einen Gefallen, werter FC St. Pauli und werter 1. FC Union: Lügt euch nicht in die eigene Tasche.